Mit dem geplanten Gebäudetyp-E-Gesetz will das Bundesministerium der Justiz das Bauen in Deutschland einfacher, günstiger und flexibler machen. Ziel ist es, die gesetzlichen Rahmenbedingungen so zu verändern, dass Bauherren, Architekten und Unternehmer künftig mehr Freiheiten erhalten – insbesondere, wenn sie bewusst von technischen Normen oder Komfortstandards abweichen möchten.

Einfaches und experimentelles Bauen

Der Gebäudetyp E steht für „Einfaches“ oder „Experimentelles“ Bauen. Er soll es ermöglichen, Gebäude rechtssicher zu errichten, die nicht alle bisherigen technischen und normativen Standards erfüllen. Das betrifft insbesondere Anforderungen, die sich im Laufe der Jahrzehnte aus DIN-Normen, technischen Richtlinien oder Komfortvorgaben entwickelt haben – also Regelwerke, die häufig über das hinausgehen, was für ein sicheres und funktionales Bauwerk tatsächlich erforderlich ist.

Die Idee dahinter: Viele Bauvorhaben scheitern heute an überzogenen Normen, hohen Planungskosten oder zu komplexen Bauvorschriften. Das neue Gesetz will den Weg ebnen für kostengünstigeres, ressourcenschonendes und innovatives Bauen – gerade in Zeiten des Wohnungsmangels und steigender Baukosten.

Ein Paradigmenwechsel im Baurecht

Bisher galt im deutschen Baurecht ein unumstößlicher Grundsatz: Ein Gebäude muss den anerkannten Regeln der Technik entsprechen – also im Wesentlichen den einschlägigen DIN-Normen. Wer hiervon abwich, riskierte rechtliche Auseinandersetzungen, Mangelansprüche oder sogar Bußgelder.

Das ändert sich mit dem Gebäudetyp-E-Gesetz grundlegend. Künftig soll es möglich sein, bewusst von technischen Standards abzuweichen, sofern alle Beteiligten dies einvernehmlich vereinbaren. Eine solche Abweichung stellt dann keinen Mangel mehr dar. Damit wird erstmals ein rechtlicher Rahmen geschaffen, in dem abweichendes, aber rechtssicheres Bauen erlaubt ist.

Beispiel: Wenn „einfach“ auch ausreichend ist

In der Praxis bedeutet das etwa: Ein Wohngebäude darf künftig geringere Raumhöhen, einfachere Installationen oder weniger Komfortelemente aufweisen, wenn der Bauherr und der Unternehmer dies ausdrücklich vereinbaren. Wichtig ist lediglich, dass die Sicherheit, die Gebrauchstauglichkeit und die grundlegende Funktion des Gebäudes gewährleistet bleiben.

Gerade in Bereichen wie dem sozialen Wohnungsbau, beim Nachverdichten von Bestandsgebäuden oder im ländlichen Raum eröffnet das neue Gesetz erhebliche Möglichkeiten, Projekte umzusetzen, die bislang an Normen und Kostenhürden gescheitert wären.

Warum das Gesetz mehr ist als Bürokratieabbau

Der Gebäudetyp E ist mehr als ein politisches Signal – er steht für einen echten Kulturwandel im Baurecht. Statt staatlich verordneter Detailvorgaben rückt die Vertragsfreiheit zwischen Bauherr und Unternehmer in den Mittelpunkt. Die Verantwortung wird also stärker auf die Beteiligten selbst verlagert – verbunden mit der Pflicht, die Abweichungen transparent zu vereinbaren und zu dokumentieren.

Fazit

Das Gebäudetyp-E-Gesetz markiert einen Wendepunkt: Es erlaubt, von bisherigen Bau- und Komfortstandards abzuweichen, ohne gegen geltendes Recht zu verstoßen. Damit entsteht erstmals die Möglichkeit, rechtssicher, einfach und bedarfsgerecht zu bauen – ein wichtiger Schritt für die Zukunft des Bauens in Deutschland.

ADVOCA Rechtsanwälte begleitet Bauherren, Architekten und Bauträger bei der rechtssicheren Vertragsgestaltung und Umsetzung des neuen Gebäudetyp-E-Gesetzes.
Kontaktieren Sie uns unter info@advoca.de, um Ihr Bauprojekt rechtlich optimal zu gestalten.

Mehr zu diesem Thema

  • 23. Mai. 2023

    Die Erfordernisse einer förmlichen Abnahme im Bauvertrag können je nach den vertraglichen Vereinbarungen und den anwendbaren Gesetzen variieren. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) gibt keine zwingende Vorgabe für die Abnahme, weswegen diese auch stillschweigend [...]

  • 08. Sep.. 2025

    Immer wieder schildern Mandanten uns ein wiederkehrendes Problem: Nach einem kräftigen Regenguss steht plötzlich das eigene Grundstück unter Wasser – und die Ursache liegt nicht allein im Wetter, sondern oft beim Nachbarn. Dessen [...]

  • 11. Mai. 2023

    Ein Bauvertrag regelt alle rechtlichen und finanziellen Aspekte eines Bauprojekts. Die Abnahme ist ein wichtiger Bestandteil des Vertrags und markiert den Zeitpunkt, an dem das Bauvorhaben als fertiggestellt gilt. In diesem Blogbeitrag werden [...]

Beitrag von

Beitrag von