Wenn es auf der Baustelle nicht weitergeht, weil der Auftraggeber seinen Mitwirkungspflichten nicht nachkommt, stellt sich für Bauunternehmer schnell die Frage: Können wir die Kosten für unproduktive Wartezeiten ersetzt verlangen?
Ein aktuelles Urteil des OLG München vom 14.06.2023 (Az. 20 U 8406/21 Bau), bestätigt: Einfach nur längere Bauzeit reicht nicht. Es braucht konkrete Darlegungen, um erfolgreich einen Entschädigungsanspruch nach § 642 BGB geltend zu machen.
Der Fall: Wer ist schuld an der Verzögerung?
Der Auftragnehmer (AN) hatte gegenüber dem Auftraggeber (AG) geltend gemacht, dieser habe durch eigene Versäumnisse die Bauzeit erheblich verlängert. Wegen der Bauverzögerung beanspruchte der AN über 58.000 € Entschädigung – unter anderem für das Vorhalten der Baustelleneinrichtung und der Bauleitung.
Der AN rechnete vor:
- Baustelleneinrichtung: 100 €/Woche × 43 Wochen = 4.300 €
- Bauleitung: 3.100 €/Monat (Bauleiter) und 2.600 €/Monat (Polier) × 9,5 Monate = 54.150 €
Doch das OLG München machte ihm einen Strich durch die Rechnung.
Die Entscheidung: Pauschale Verlängerung reicht nicht!
Das OLG München bestätigte das erstinstanzliche Urteil: Die Klage wurde abgewiesen.
Warum? Der AN hatte nicht konkret vorgetragen, welche Handlung oder Pflichtverletzung dem AG wann vorzuwerfen sei, wie genau der Bauablauf dadurch gestört wurde und in welchem Zeitraum diese Störung zur Verzögerung führte.
Fazit: Der pauschale Hinweis, die Bauzeit habe sich verlängert, reicht nicht für einen Anspruch nach § 642 BGB. Ebenso wenig genügen einfache Kalkulationswerte als Schadenshöhe – diese müssen auf die tatsächliche Nutzung und Bereithaltung von Personal und Gerät heruntergebrochen werden.
Praxistipp: So sichern Sie Ihre Ansprüche richtig ab
Für Entschädigungsansprüche nach § 642 BGB gelten strenge Anforderungen:
- Konkrete Pflichtverletzung des AG muss dargelegt werden (z. B. fehlende Pläne, fehlende Freigaben etc.)
- Es muss klar sein, welche Leistung der AN deshalb nicht ausführen konnte
- Der Zeitraum der Störung muss genannt werden
- Die Höhe der Entschädigung muss nachvollziehbar – am besten aus der eigenen Kalkulation – hergeleitet sein
Vertrauen Sie bei der Geltendmachung solcher Ansprüche auf eine rechtlich fundierte Aufbereitung. Pauschale Behauptungen reichen nicht – Dokumentation ist alles!
Fazit
Auch wenn der Bau ruht: Für eine Entschädigung müssen klare Fakten auf den Tisch. Wer als Auftragnehmer nicht konkret belegen kann, wie und warum der AG sich verzögert hat, geht leer aus.
Unsere Empfehlung:
Lassen Sie sich frühzeitig rechtlich begleiten, wenn sich Bauzeiten verlängern. So sichern Sie Ihre Ansprüche sauber und beweisbar ab.
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