In der Praxis kommt es häufig vor, dass Mängel an einem Bauwerk erst nach Ablauf der Gewährleistungsfrist sichtbar werden. Viele Bauherren gehen dann davon aus, dass ihre Ansprüche endgültig verloren sind. Doch das ist nicht immer der Fall: Unter bestimmten Voraussetzungen kann eine bereits laufende oder abgelaufene Verjährung „neu beginnen“ oder gar gehemmt sein.

Neubeginn der Verjährung durch Anerkenntnis

Nach § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen, wenn der Unternehmer den Mangel anerkennt. Ein solches Anerkenntnis kann ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten erfolgen – etwa dann, wenn der Unternehmer ohne Vorbehalt mit der Mangelbeseitigung beginnt.

Die Rechtsprechung des BGH (z. B. Urteil vom 3.12.1987 – VII ZR 363/86) stellt klar:
Ein Anerkenntnis liegt vor, wenn sich aus dem Verhalten des Unternehmers „klar und unzweideutig ergibt, dass ihm das Bestehen der Schuld bewusst ist und er sich nicht auf Verjährung berufen will“. Schon die rügelose Aufnahme von Nachbesserungsarbeiten kann daher den Neubeginn der Verjährung bewirken.

Wichtig: Zeitpunkt der Nacherfüllung

Wird eine Nacherfüllungshandlung noch vor Ablauf der ursprünglichen Gewährleistungsfrist vorgenommen, beginnt ab diesem Zeitpunkt eine neue Frist zu laufen. So war es auch im entschiedenen Fall:
Die Mangelbeseitigung erfolgte im Mai 2020, während die ursprüngliche Frist erst im Juni 2020 endete – also in unverjährter Zeit. Damit begann die Gewährleistungspflicht neu zu laufen.

Umfang des Anerkenntnisses

Ein Anerkenntnis bezieht sich nicht nur auf das sichtbare Mangelsymptom, sondern auf die zugrunde liegende Ursache. Diese sogenannte „Symptomtheorie“ ist gefestigte Rechtsprechung (vgl. OLG München, Beschluss vom 8.8.2016 – 28 U 1483/16; OLG Köln, Urteil vom 31.3.1995 – 19 U 248/94).
Das bedeutet: Wird etwa eine feuchte Stelle an einer Wand als Mangel anerkannt, erfasst das Anerkenntnis auch die zugrundeliegende Ursache – z. B. eine undichte Leitung oder mangelhafte Abdichtung.

Beweislast und Darlegungspflichten

Zwar trägt der Bauherr grundsätzlich die Beweislast dafür, dass ein Neubeginn der Verjährung vorliegt. Nach der Rechtsprechung des OLG Düsseldorf (Urteil vom 18.2.2020 – 5 U 74/17) genügt es aber, wenn er darlegt und beweist, dass die Symptome des alten und des neuen Mangels identisch sind.
Der Bauherr muss nicht zusätzlich beweisen, dass die Ursache exakt dieselbe ist – das wäre mit der sogenannten Symptomtheorie unvereinbar.

Praktisches Beispiel

Zeigt sich ein Wasserschaden, der bereits vor Jahren einmal aufgetreten war, erneut an derselben Stelle, kann der Bauherr sich auf den Neubeginn der Verjährung berufen, wenn der Unternehmer diesen Schaden zuvor schon einmal anerkannt oder bearbeitet hatte.
Auch wenn sich die äußere Erscheinung verändert (z. B. aufgequollener Balken statt Wasserfleck), kann die Ursache identisch und damit der Mangel im rechtlichen Sinne derselbe sein.

Fazit

Gewährleistungsansprüche sind nicht immer verloren, selbst wenn die reguläre Frist abgelaufen ist.
Wer rechtzeitig und gut dokumentiert nachweist, dass der Unternehmer einen Mangel bereits früher anerkannt und bearbeitet hat, kann den Neubeginn der Verjährung geltend machen.
Entscheidend ist, dass die Nacherfüllungshandlung in unverjährter Zeit erfolgt und sich auf die eigentliche Mangelursache bezieht.

Unsere Empfehlung: Dokumentieren Sie jede Mangelanzeige und jede Nacherfüllung sorgfältig. Schon kleine Details können später über den Erfolg einer Klage entscheiden.

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