Im Werkvertragsrecht nach deutschem Zivilrecht (§ 631 ff. BGB) verpflichtet sich der Unternehmer, ein bestimmtes Werk herzustellen. Kommt es nach der Abnahme zu Mängeln, hat der Besteller zunächst das Recht, Nachbesserung zu verlangen. Verweigert der Unternehmer die Nacherfüllung oder schlägt sie fehl, kann der Besteller zur sog. Selbstvornahme greifen.

Die Selbstvornahme beschreibt das Vorgehen, wenn der Besteller den Mangel selbst beseitigen lässt – also einen Dritten mit der Mängelbeseitigung beauftragt – und dem Unternehmer anschließend die entstandenen Kosten in Rechnung stellt.

Rechtliche Grundlage: § 637 BGB

Die gesetzliche Grundlage für die Selbstvornahme findet sich in § 637 BGB. Danach kann der Besteller unter bestimmten Voraussetzungen:

  • den Mangel selbst beseitigen (lassen),
  • vom Unternehmer Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen
  • und unter Umständen einen Vorschuss auf die zu erwartenden Kosten fordern.

Wichtig: Vor der Selbstvornahme muss der Unternehmer zunächst zur Nacherfüllung aufgefordert werden. Die Fristsetzung kann entfallen, wenn der Unternehmer die Nacherfüllung ernsthaft und endgültig verweigert oder sie unzumutbar ist (§ 636 BGB).

Kostenvorschussanspruch – wann besteht er?

Ein zentrales Element in der Praxis ist der Vorschussanspruch aus § 637 Abs. 3 BGB. Der Besteller ist nicht verpflichtet, die Selbstvornahme aus eigenen Mitteln vorzufinanzieren. Er darf – bei Vorliegen der Voraussetzungen – vom Unternehmer die Zahlung eines Vorschusses verlangen.

Voraussetzungen für den Vorschuss:

  • Ein wirksamer Werkvertrag besteht.
  • Das Werk weist einen Mangel auf.
  • Der Unternehmer ist mit der Nacherfüllung im Verzug oder die Fristsetzung war entbehrlich.
  • Die voraussichtlichen Kosten der Mängelbeseitigung sind nachvollziehbar darzulegen (z. B. durch ein Vergleichsangebot, Gutachten oder Kostenvoranschlag).

Höhe und Umfang des Vorschusses

Der Vorschussanspruch erstreckt sich auf die für die Selbstvornahme „erforderlichen“ Aufwendungen. Dazu gehören regelmäßig:

  • Arbeitskosten des Drittunternehmens,
  • Materialkosten,
  • ggf. Fahrt- und Nebenkosten,
  • und bei Bedarf die Kosten eines Sachverständigen.

Nicht umfasst sind darüber hinausgehende Schadenspositionen wie entgangener Gewinn oder Nutzungsausfall – hierfür kommen andere Anspruchsgrundlagen wie § 280 BGB in Betracht.

Rechtliche Risiken und praktische Tipps

In der Praxis ist bei der Selbstvornahme größte Sorgfalt geboten. Eine nicht ordnungsgemäße Aufforderung zur Nacherfüllung oder die Beauftragung eines Drittunternehmens ohne ausreichende Dokumentation der Mängel kann den Rückgriff auf den Unternehmer gefährden.

Praxistipp:
Dokumentieren Sie Mängel sorgfältig (Fotos, Protokolle), setzen Sie eine klare Frist zur Nacherfüllung und holen Sie vor der Selbstvornahme qualifizierte Angebote oder Gutachten ein.

Fazit

Die Selbstvornahme nach § 637 BGB ist ein wirksames Instrument, um bei ausbleibender Nacherfüllung durch den Unternehmer schnell und eigenverantwortlich Mängel beheben zu lassen. Der Anspruch auf einen Vorschuss entlastet den Besteller wirtschaftlich und stärkt seine Durchsetzungsfähigkeit. Dennoch gilt: Die rechtlichen Voraussetzungen müssen eingehalten werden – andernfalls droht der Verlust des Ersatzanspruchs.

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